Phasen der Krisenbewältigung

Die acht Phasen der Trauer- und Krisenbewältigung

Niemand schlägt härter zu als das Leben. Zwar wissen wir, dass Lebenskrisen zum Leben irgendwie dazu gehören. Wenn es dann aber wirklich passiert, wirft es viele aus der Bahn: Sie empfinden die Krise wie ein Schlag ins Gesicht, spüren ihre Wut und Ohnmacht, hadern mit ihrem Schicksal und nagen an dem Kontrollverlust. Nicht wenige pendeln dabei zwischen Angst, Trauer, Aggression, Resignation und Paralyse oder Lähmung – eine einzige Achterbahn der Gefühle.

Bemerkenswert daran: So verschieden die Krisen auch sind – die typischen Gefühlsphasen verlaufen trotzdem mehr oder weniger gleichartig.

Gemäß dem von Prof. Dr. phil. habil. Erika Schuchardt entwickelten Acht-Phasen-Spiralmodell gehen die einzelnen Phasen fließend ineinander über, können allerdings auch nebeneinander bestehen. Das hier gezeigte Modell ist auf die Suchtproblematiken der Eltern und Angehörigen angepasst, genau so der Text "Mögliche Merkmale".

Möglicherweise ergeht es Ihnen ähnlich wie vielen anderen Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation, in einer Lebenskrise befinden. Sie erleben sich in häufigem Wechsel sehr unterschiedlicher Gefühle und Befindlichkeitsschwankungen. Schwankungen, die allein mit dem Verstand nicht nachvollziehbar sind. Vielleicht hilft es Ihnen, sich einmal mit den Phasen der Krisen- und Trauerbewältigung auseinanderzusetzen. Vielleicht empfinden Sie ähnlich und vielleicht hilft es Ihnen, Ihr eigenes Erleben einzuordnen und zu verstehen.

Wir haben zudem zum Thema "Eltern-Befindlichkeit" gemeinsam mit Eltern und Angehörigen von an Sucht erkrankten Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Befindlichkeitskurve entwickelt, die aufzeigt, welche Phasen die Eltern und Angehörigen in der Suchtproblematik durchlaufen.

Mögliche Merkmale

Das Acht-Phasen-Spiralmodell zum Krisen-Management
von Prof. Dr. phil. habil. Erika Schuchardt

(Angepasstes Modell zur Suchtproblematik)

1 - Ungewissheit

  • Hoffentlich ist es nichts Ernsthaftes.
  • Ein Teil von mir ist tot. Ich bin wie durch einen Schock gelähmt.
  • Jetzt ist alles vorbei, was kann ich tun?
  • Ich spüre Wut gegenüber dem betreffenden Menschen, der Situation und gleichzeitig auch eine Art Heimweh und Sehnsucht.
  • Ich bin zu nichts mehr fähig.

2 - Gewissheit

  • Es ist nicht mehr zu leugnen: Der Sohn, die Tochter nimmt Drogen oder ein anderes Suchtmittel, ist vielleicht schon abhängig.
  • Ich verberge meinen Schmerz und gebe mich nach außen gelassen.
  • Nun muss ich mich alleine um alles kümmern.
  • Im Kopf ist alles klar, doch ich schaffe nicht, es umzusetzen.
  • Aber eigentlich kann das doch nicht sein.

3 - Aggression

  • Überall begegnen mir nur Schwierigkeiten - warum gerade mir?
  • Die Stadt ist wie eine „Arche Noah“, ich fühle mich ausgestoßen und mit dem Suchtproblem alleingelassen.
  • Alles ist gegen mich.
  • Ich kann Niemanden mehr sehen – Rückzug in die eigenen vier Wände.
  • Gefühlsausbrüche, Verbitterung und Aggression gegen alles, was an die Person oder Situation erinnert.
  • Im Kopf war vorher alles klar, aber jetzt fühle ich mich mitten ins Herz getroffen.

4 - Verhandlungen

  • Vielleicht gibt es doch noch einen Weg zurück?
  • Was habe ich falsch gemacht? Ist ein Anderer schuld? Vielleicht sollte ich noch einmal mit ihm/ihr reden?
  • Ich rufe an und rede über Dinge, die zu regeln sind - über dies und jenes.
  • Ich biete meine Hilfe an, kommst Du alleine klar?
  • ich verspreche Dir, wenn Du...

5 - Depression

  • Wozu strenge ich mich noch an? Es hilft ja doch nichts.
  • Meine Kräfte sind erschöpft – ich kann nicht mehr.
  • Ich könnte den ganzen Tag heulen.
  • Alkohol, Tabletten, Zigaretten – womit soll ich meinen Schmerz betäuben?
  • Ich kann nicht mehr schlafen, bin nervös und habe Angst.
  • Flucht in eine neue – flüchtige? – Beziehung, Flucht in Tätigkeiten, Arbeit oder andere Aktivitäten.

6 - Annahme

  • Es ist wie es ist, ich lerne damit umzugehen.
  • Der Schmerz lässt allmählich nach, und ich schaffe es wieder, mich der Wirklichkeit zu stellen.
  • Die Zeit der Trauer geht zu Ende – zumindest zeitweise.
  • Ich denke nicht mehr 24 Stunden an die vergangene Zeit und die Situationen.
  • Ich verfluche nicht mehr alle Männer, Frauen, Therapeuten oder andere.
  • Ich finde zu meinem Selbstvertrauen und zu meiner Lebensrolle zurück.

7 - Aktivität

  • Ich rufe alte Freunde oder Freundinnen an und versuche, neue zu finden.
  • Ich gehe wieder meinen eigenen Interessen nach.
  • Ich rede in Ruhe mit den Kindern, mit dem Partner oder anderen über meine Situation.
  • Ich gestalte meine Wohnung oder meine Umgebung oder meinen Alltag neu oder anders.
  • Ich hole mir Hilfe in einer Selbsthilfegruppe und/oder Beratungsstelle auf.

8 - Solidarität

  • Allmählich wird mir wieder bewusst: Ich bin nicht die einzige Person auf dieser Welt, die dieses Problem hat.
  • Allein schaffe ich es nicht, ich brauche die Solidarität und Rückenstärkung und Hilfe anderer, und Andere brauchen mich.
  • Vielleicht tun wir uns als Gleichbetroffene zusammen, oder ich schließe mich einer weiteren Gruppe an …
  • Wir tauschen uns aus und unterstützen uns gegenseitig.